Die Heimversorgung kann sich für Apotheken durchaus lohnen. Spätestens bei der Versorgung von mehr als 100 Bewohnern empfehlen wir immer die Wirtschaftlichkeit im Detail zu prüfen. In meiner langjährigen Praxis in der Apothekenberatung habe ich nicht selten erlebt, dass Apotheker:innen keinen Überblick haben, ob sich die Heimversorgung tatsächlich auch lohnt. Selbst dann nicht, wenn mehrere Heime in unterschiedlicher Art und Weise versorgt werden. Aus Angst, die Heime zu verlieren, werden nicht die nötigen Kostenumlagen gemacht. Die Wirtschaftlichkeit der Belieferung, des Stellens der Arzneimittel oder auch der Verblisterung bleiben eine „Black box“.
Umsätze aus Heimversorgung, Rentabilität und Bewertung beim Apothekenverkauf
Zusätzliche Tätigkeiten beeinflussen den Verkaufspreis - Der oft zitierte demografische Wandel bedeutet, dass sich die Zusammensetzung der Altersstruktur in der Gesellschaft erheblich verändert. In Deutschland steigt nicht nur das Durchschnittsalter, der Anteil der jüngeren Altersgruppen nimmt ab und der Anteil der älteren Altersgruppen nimmt deutlich zu. In einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts von September 2021 heißt es: „Bis 2035 wird die Zahl der Menschen ab 67 Jahre um 22 Prozent (von 16 Millionen auf 20 Millionen) steigen“! 1999 gab es 2,02 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland, 2021 waren es bereits 4,6 Millionen. Davon etwa 19,6 Prozent in Stationärer Pflege. Im Jahr 2019 wurden deutschlandweit 15.380 Pflegeheime und 14.688 ambulante Pflegedienste gezählt (Quelle: Statista 2022). Soviel zu den statistischen Daten. Zweifelsohne wird der Pflegebedarf von alten Menschen zunehmen, egal, ob es über Pflegedienste, Altersheime, Pflegeheime oder auch in Seniorenresidenzen ist.
Machen Sie eine ehrliche Kostenrechnung
Welche Zahlen sind zu erheben:
- Der Heimumsatz sollte gesondert über entsprechende Kennzeichnung in der Apotheken-EDV erfasst werden: Optimalerweise könnte auch die dem Heimumsatz zugrunde liegende Packungsanzahl erfasst werden. Dann kann der Rohertrag rechnerisch ermittelt werden.
- Die Personalkosten differieren, je nachdem welcher Service angeboten wird, erheblich. Wird das Heim „nur“ beliefert oder werden die Arzneimittel gestellt oder wird geblistert? Am besten erfasst man den Aufwand über einen Zeitaufschrieb der involvierten Mitarbeiter. Repräsentativ dürfte hierfür ein Zeitraum von mindestens vier Wochen sein. Nicht zu vergessen die Heimbegehungen, Vortragsleistungen etc..
- Die Kosten für die Botenfahrten
- Gegebenenfalls die Kosten für die Blister und andere Sachkosten
- Gegebenenfalls separate Raumkosten
- Sonstige Kosten (zusätzliche Abrechnungsgebühren, Retaxationen, Ausfallrisiken bei Nichtzahlen der Rechnungen)
Optimalerweise kalkulieren Sie die Kosten pro Bewohner, indem Sie den Gesamtaufwand ermitteln und dann durch die Anzahl der Bewohner teilen. So ist es bei Veränderungen einfacher, neue Kalkulationen aufzustellen. Nur wenn Sie die Daten erheben, können Sie beurteilen, ob und wie rentabel die Heimbelieferung ist.
Versorgungsverträge können angepasst werden
Wenn Sie feststellen, dass sich der Aufwand im wirtschaftlichen Sinne nicht lohnt und es keine strategischen Gründe gibt, die Sie veranlassen, an der Versorgung des Heims festzuhalten, können Sie handeln. Der nächste Schritt ist dann, Ihren Geschäftspartner in die wirtschaftliche „Schieflage“ einzuweihen und über einen Zuschuss beziehungsweise eine Kostenumlage zu sprechen. Leider bieten noch zu viele Apotheken Ihre Leistungen zu günstig an, um Heimversorgungen zu gewinnen!
Wie fließen Umsätze aus der Versorgung beispielsweise von Alters- und Pflegeheimen in die Unternehmenswertermittlung ein:
Generell gilt, dass bei Unternehmensbewertungen alle „Sonderumsätze“ separat zu betrachten sind. Sonderumsätze sind Umsätze, die nicht durch die übliche Offizintätigkeit zustande kommen und kurzfristig wegfallen könnten. Hierzu gehören Umsätze und Erträge aus der Versorgung von Alters- und Pflegeheimen. Spätestens beim Apothekenverkauf sollten diese ermittelt und gesondert bewertet werden. Je nach Höhe und Relevanz in Relation zu dem Gesamtgewinn der Apotheke wird für diesen Teil ein separater Kaufpreis erhoben und häufig auch in Tranchen verteilt über die nächsten drei bis fünf Jahre bezahlt. Gekoppelt an die Voraussetzung, dass die Belieferung der Einrichtung auch in der Zukunft noch erfolgt. Eine Vereinbarung in dieser Form setzt ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer voraus. Hegt und pflegt der Nachfolger die Pflegeeinrichtung nicht ausreichend, hätte das bei einer ratierlichen Kaufpreiszahlung negative Auswirkungen für den Verkäufer!
Unternehmenswertermittlungen, Apothekenverkäufe und Vereinbarungen sind sehr individuell! Gerne unterstützen wir Sie!