Blog & Podcast
12. Mai 2016

Neue Regeln für Immobiliendarlehen

Wohnimmobilienkreditrichtlinie bringt Änderungen für den Weg zu den eigenen vier Wänden - Am 21. März 2016 ist das neue Gesetz zur Umsetzung der europäischen Richtlinie in deutsches Recht in Kraft getreten. Der Name Wohnimmobilienkreditrichtlinie deutet es an: Die Mehrzahl der Änderungen ergeben sich bei Immobiliendarlehen. Die zivilrechtlichen Änderungen betreffen den Prozess der Kreditvergabe. Das hat im Wesentlichen Auswirkungen auf alle, die ein Darlehen für eine private Immobilie aufnehmen möchten oder ein privates Darlehen, mit Sicherstellung über eine Grundschuld, bei der Bank beantragen.

Neue Regeln für Immobiliendarlehen

Die Informationspflichten seitens der Banken im Hinblick auf die Darlehensvergabe und auch die Kosten des Darlehens und allem, was damit zusammenhängt, haben sich verschärft. Die Bonitätsprüfung erfolgt nicht mehr nur im öffentlichen Interesse oder im Interesse des Darlehensgebers, sondern muss auch im Interesse des Verbrauchers erfolgen. Die Beweislast hinsichtlich ordnungsgemäßer Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit und der Bonität liegt künftig bei der Bank. So könnte beispielsweise bei einer Pflichtverletzung durch die Bank bei der Bonitätsprüfung, der Kunde eine Zinssenkung auf das Refinanzierungsniveau der Bank erwirken oder auch eine Kreditkündigung – ohne die Pflicht zur Zahlung von Vorfälligkeitszinsen. Ebenso gibt es neue Anforderungen an die Sicherheitenbewertung einer Immobilie. Gutachter müssen kompetent und Bewertungen objektiv sein.

Mehr Dokumentation erforderlich

Zum Schutz der Verbraucher dürfen „Koppelgeschäfte“, zum Beispiel der Verkauf von zusätzlichen Produkten wie Versicherungen oder Ähnlichem nur noch erfolgen, wenn diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Durchführung und Abwicklung des Darlehensvertrages stehen. Auch die Dokumentationspflichten der Banken haben sich wesentlich erhöht. Es gab in der Vergangenheit wenige Gesetzesänderungen die so tiefgreifend in die Kreditvergabeprozesse der Banken eingegriffen haben, wie die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIK).

In der praktischen Umsetzung bedeutet dies für Verbraucher leider häufig eine Erschwerung der Darlehensvergabe beim Haus- oder Wohnungskauf, Umbau oder Nachfinanzierung. Die Banken ringen um Verständnis. Ursprünglich war die Richtlinie dazu gedacht, eine laxe Kreditvergabe vor dem Hintergrund der niederen Zinsen zu verhindern, um damit eine Immobilienblase zu vermeiden.

Wesentlicher Bestandteil des neuen Gesetzes ist, dass die Bank ein Darlehen nur gewähren darf, wenn der Kreditnehmer in der Lage ist, dieses während der statistischen Lebenserwartung vollständig zurückzuzahlen. Entsprechend müssen die Tilgungsraten bereits bei Vertragsabschluss vereinbart werden. Das hat unter Umständen Auswirkungen auf die Flexibilität bei der Darlehensgestaltung und kann im Widerspruch zu persönlichen Finanzierungswünschen stehen.

Abzahlung zu Lebzeiten

Eine optimale Finanzierungsgestaltung lässt möglichst hohen finanziellen Spielraum und berücksichtigt Sondertilgungsmöglichkeiten. Das heißt, die Regeltilgung wird nicht so hoch wie möglich gewählt und möglichst hohe Sondertilgungsmöglichkeiten werden vereinbart. Das ist jetzt nur noch bedingt möglich, da Banken die Darlehensprüfung systematisiert vornehmen. Sondertilgungen können in aller Regel rechnerisch nicht berücksichtigt werden, da diese ja flexibel zu leisten sind. Die Rückzahlung des Darlehens muss aber bereits bei Vereinbarung des Darlehens innerhalb der statistischen Lebenserwartung gesichert sein.

Nach Ablauf der Zinsbindung werden in den Prüfungsprozessen der Banken höhere Zinssätze angenommen, die die Darlehenslaufzeiten dann rechnerisch nochmal deutlich verlängern können. Das kann dazu führen, dass die Finanzierungsgestaltung aus Kundensicht weniger optimal zu erfolgen hat.

Eine langfristige Betrachtung der Liquiditätssituation wird auch bei Darlehensgestaltung und Genehmigungsprozessen der Banken immer wichtiger, da nur so Liquiditätsspielräume in der Zukunft, beispielsweise durch wegfallende Tilgungsraten bei betrieblichen Darlehen, transparent gemacht werden können. So kann in die systematisierten Prozesse argumentativ eingegriffen werden und die optimale Finanzierungsgestaltung, vor allem aber auch die positive Bonitätsdarstellung, sichergestellt werden.