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12. Juni 2016

Das Zinstief

Auch bei bestehenden Darlehen nutzen! Bereits seit Jahren ist das Zinsniveau kontinuierlich gefallen und befindet sich aktuell immer noch auf einem der tiefsten Stände der Vergangenheit. Baufinanzierungszinsen sind bei 10-jähriger Zinsbindung zum Teil noch unter 1 % erhältlich. Nebenstehendes Zins-Chart zeigt die Entwicklung des durchschnittlichen Zinssatzes bei erstrangiger dinglicher Besicherung und 10-jähriger Zinsfestschreibung bei Immobilienfinanzierungen.

Das Zinstief

Am 10. März 2016 hat Die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins auf null Prozent gesenkt. Es ist nach Expertenmeinungen verschiedener Banken auch in den kommenden Wochen nicht von wesentlichen Zinserhöhungen auszugehen. Langfristig sind für viele Zinsexperten aber moderate Steigerungen denkbar, etwa durch Einflüsse wie eine Zinswende in den USA oder eine mögliche Konjunkturerholung in Europa. Darum sollten Sie jetzt die Zeit nutzen und bestehende Zinsvereinbarungen für private und betriebliche Darlehen prüfen.

Je nach gewünschter Flexibilität kann es sinnvoll sein, bestehende Darlehen mit variabler Zinsvereinbarung festzuschreiben. Bedenken müssen Sie, dass dann Sondertilgungen meist nur in geringem Umfang vereinbart werden können.

Zinsvereinbarungen prüfen

Auch wenn Sie Festzinsvereinbarungen ohne vorzeitige Sondertilgungsmöglichkeiten getroffen haben, besteht im Einzelfall die Möglichkeit, aus diesen Zinsvereinbarungen „auszusteigen“. Es wird dann zwar üblicherweise eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung anfallen, aber der vorzeitige Ausstieg und eine Neuvereinbarung können sich trotzdem lohnen. In aller Regel dann, wenn die Darlehenslaufzeiten länger sind als die Zinsfestschreibungsdauer.

Wie die Bank die Entschädigung berechnen darf, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Es gibt aber diverse Urteile vom Bundesgerichtshof zu diesem Thema, die „Leitlinien“ aufstellen. So müssen beispielsweise vereinbarte Sondertilgungsmöglichkeiten bei der Berechnung kostenmindernd berücksichtigt werden.

Rechenbeispiele bringen Klarheit

Für ein Annuitätendarlehen in Höhe von aktuell noch 100.000 Euro wurde ein Festzinssatz von 3,5% bis 30.12.2019 abgeschlossen. Bei der vereinbarten Annuitätenrate von monatlich 800 Euro beträgt die Restlaufzeit des Darlehens aktuell noch zirka 13 Jahre. Wenn die Bank der vorzeitigen Tilgung beziehungsweise Umschuldung zum 30.12.2016 zustimmt, würde eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen. Maßgebend für die Berechnung ist der Wiederanlagezins für die Banken. Wenn die Bank das Geld früher als geplant vom Kreditnehmer zurückbekommt, muss sie es anlegen und erleidet dadurch einen Zinsverlust. Da es zur Zeit für Geldanlagen die die Bank tätigt keine Guthabenzinsen gibt, sondern im Gegenteil, die Banken für Geldanlagen zahlen müssen, ist der Zinsschaden der Bank sogar größer als der Sollzins, den der Kreditnehmer zahlen müsste. Zunächst wird also der Zinsschaden berechnet. Davon abgezogen werden dann die Risikoersparnis und die Verwaltungskostenersparnis. In unserem Beispiel würde die Vorfälligkeitsentschädigung bei etwa 8.150 Euro liegen. Die gesamte Zinsbelastung bei Weiterführung des Darlehens würde bei 8.095 Euro sogar geringfügig niedriger liegen.

Bei einem Baufinanzierungsdarlehen im erstrangig dinglich gesicherten Bereich würde die neue Zinsvereinbarung für das Darlehen bei etwa 0,8% fest für zehn Jahre liegen. Bei gleicher Annuitätenrate reduziert sich die Restlaufzeit des Darlehens auf 10,9 Jahre, da sich der Tilgungsanteil erhöht hat. Die aufzuwendenden Zinsen bis zur vollständigen Rückzahlung betragen noch 4.448,00 Euro. Die Gesamtkosten betragen somit 12.598 Euro (Zinsen und Vorfälligkeitsentschädigung).

Option Umschuldung?

Wenn man das Darlehen nicht vorzeitig umgeschuldet und die Zinsen nach Ablauf der Zinsbindung neu vereinbart hätte, egal in welcher Höhe, könnte das Darlehen in der gleichen Laufzeit bei gleicher Rate nicht zurückgezahlt werden. Wenn der Zinssatz bei Neuvereinbarung zum 30.12.2019 „nur“ bei 2% liegen würde, beträgt die Darlehensrestlaufzeit bei Beibehaltung der monatlichen Rate von 800 Euro noch 9,2 Jahre, also insgesamt 12,2 Jahre und somit 1,3 Jahre länger als bei Umschuldung. Der Gesamtzinsaufwand würde bei dieser Variante bei 15.830 Euro liegen. Somit 3.232 Euro höher als bei vorzeitiger Umschuldung. Bei einer kalkulierten Neuzinsvereinbarung von 1,2% wäre der Gesamtaufwand annähernd gleich, die Laufzeit allerdings mit 11,9 Jahren zirka ein Jahr länger als bei vorzeitiger Umschuldung. Zur Entscheidungsfindung ist abzuwägen, wie man das Zinsniveau in Zukunft einschätzt.

Auch die vorzeitige Neuvereinbarung von Darlehen deren Zinsbindungsfristen in den nächsten ein bis fünf Jahren ablaufen könnte unter Umständen sinnvoll sein. Mit einem sogenannten Forward-Darlehen können sich Darlehensnehmer bereits heute die attraktiven Konditionen für die Zukunft sichern. Das Darlehen läuft zunächst mit dem vereinbarten Zinssatz weiter und nach Ablauf der Zinsbindung kommt die mit dem Forward Darlehen bereits heute neu vereinbarte Kondition zum Tragen. Für jeden Monat Wartezeit verlangen die Kreditgeber üblicherweise einen Zinsaufschlag. Auch hier lohnt sich ein rechnerischer Vergleich.

Wie man an dem Beispiel sehen kann, ist allerdings auch klar, dass bei aktuellem Zinsniveau eine vorzeitige Auflösung bestehender Zinsvereinbarungen bei Darlehen mit Darlehensrückzahlung innerhalb der Dauer der Festzinsvereinbarung nicht sinnvoll ist.