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15. Juli 2020

Apotheke verstehen, verbessern, verkaufen – Teil 3

Die Apothekenbewertung - Wer wissen will, wie rentabel die eigene Apotheke ist, sollte die Strukturen der Apotheke kennen. Weitere Fragestellungen könnten auch sein: Wie stehe ich im Vergleich zu Mitbewerbern da? Ist meine Apotheke zukunftsfähig? Welchen Wert hat die Apotheke? Wo gibt es Optimierungspotential? Kann sich ein junger Kollege den Kauf der Apotheke leisten?

Apotheke verstehen, verbessern, verkaufen – Teil 3

In Teil 1 haben wir berichtet, wie man die Einnahmensituation der Apotheke analysieren und auch verbessern kann. In Teil 2 haben wir berichtet, wie Sie die Kostenpositionen in der Apotheke analysieren und optimieren können. Heute möchten wir Ihnen erläutern, wie üblicherweise die Bewertung einer Apotheke erfolgt und wie sich Optimierungen des Ertrages in der Apotheke rechnerisch auf den Unternehmenswert auswirken.

Im Blickpunkt: Der Ertrag

Eine allgemein anerkannte Methode für die Apothekenbewertung ist die Ertragswertmethode. Die meisten Bewertungen bei Apotheken erfolgen mit diesem Verfahren. Auf Grundlage des nachhaltig zu erzielenden Gewinns wird ein Unternehmenswert ermittelt. Dieser beinhaltet Firmenwert, Einrichtungswert und Wert des Warenlagers. Der rechnerisch ermittelte Wert wird mit aktuellen Marktpreisen abgeglichen.

Definition:

Für die Ermittlung des Gesamtwerts sind die zukünftig zu erzielenden und dem Unternehmen entziehbaren Erträge maßgebend. Diese Erträge sind um ein angemessenes Unternehmergehalt zu kürzen, weil die Leistung des Unternehmers vom Unternehmen in Anspruch genommen wird, in der jährlichen Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) dafür aber kein Kostenansatz enthalten ist. Die so ermittelten künftigen Erträge werden auf den Bewertungsstichtag abgezinst.

 

Entscheidend bei der Wahl des Bewertungsverfahrens ist die Mietvertragslaufzeit. Läuft der Mietvertrag unter 10 Jahre und kann nicht verlängert werden, kann die Ertragswertmethode nicht angewendet werden. Voraussetzung für die Bewertung nach der Ertragswertmethode ist eine Mietvertragslaufzeit von mindestens 10 Jahren oder mehr.

Eine Schwierigkeit des Ertragswertverfahrens liegt darin, dass bei der Ermittlung des Unternehmenswertes „nur“ der künftige Ertrag des Unternehmens bewertet wird. Ob der Ertrag mit einer neuen oder einer alten Einrichtung erzielt wird, spielt zunächst keine Rolle. Auch die Höhe des Warenlagers spielt nur bedingt eine Rolle. Zu berücksichtigen sind bei der Bewertung zur Führung des Betriebes erforderliche Ersatzinvestitionen. Hierüber lässt sich trefflich streiten. Bei der Einschätzung des Warenlagers ist entscheidend, in welcher Höhe das Warenlager tatsächlich vorhanden sein muss, um den Ertrag in der angenommenen Höhe zu erzielen. Wenn also höhere Gewinne erwirtschaftet werden, weil Teil der Strategie der Apotheke ist, Kunden durch Lieferfähigkeit zu gewinnen und zu halten, ist die Warenlagerhöhe anders einzuschätzen und zu bewerten, als bei einer Apotheke die nicht optimal bestellt und daher zu viel Ware vorhält.

Bei der Apothekenbewertung wird im ersten Schritt der nachhaltig erzielbare Ertrag ermittelt. Hierbei werden die bekannten Daten der Vergangenheit ausgewertet (siehe auch Teil 1 und Teil 2) und alle verfügbaren zukunftsbezogenen Erkenntnisse fließen in die Wertermittlung mit ein.

Umsätze – nicht nur Zahlen zählen

Zur Ermittlung der nachhaltigen Umsätze ist neben der Betrachtung der bestehenden Umsatzstrukturen auch eine Einschätzung des Apothekenstandortes und seiner Zukunftsfähigkeit erforderlich. Hierzu gehört unter anderem auch der Standort und die Situation der Konkurrenzapotheken und deren Nachhaltigkeit, Alter und Praxisausstattung der umliegenden Ärzte, Wegfall von Frequenzbringern und auch bekannte und rechnerisch greifbare gesundheitspolitischen Veränderungen.

Die nachhaltigen Kosten in der Apotheke beziehen sich vorwiegend auf die Vergangenheit, werden aber gegebenenfalls um individuelle Faktoren, wie zum Beispiel Ehegattengehalt, überdurchschnittliche KFZ-Kosten, einmalige Investitionen oder Ähnliches bereinigt. Wichtig ist an dieser Stelle zu wissen, dass Finanzierungskosten und auch Abschreibungen aus der GuV des bisherigen Apothekeninhabers nicht relevant sind für die Bewertung. Diese werden nicht berücksichtigt. Zum Ansatz kommen Finanzierungskosten und Abschreibungen des Erwerbers.

Der Unternehmerlohn

Der so ermittelte nachhaltige Ertrag wird nunmehr um den Unternehmerlohn, das heißt die Leistung und den Arbeitsaufwand des Unternehmers, reduziert. Basis für die Berechnung des Unternehmerlohns ist die Vergütung, die Apothekenleiter oder Verwalter von Apotheken erhalten. Je nach Betriebsgröße und auch Öffnungszeiten variiert der Unternehmerlohn. Mindestens werden jedoch aktuell etwa 80.000 Euro angesetzt.

Der Kapitalisierungszins

Das Ergebnis wird jetzt auf den heutigen Stichtag abgezinst. Es wird ein Kapitalisierungszins ermittelt. Der Kapitalisierungszins hat einen sehr großen Einfl uss auf den Ertragswert und setzt sich aus mehreren Zinssätzen zusammen. In der Regel addiert er sich aus einem Basiszinssatz, der mit der Verzinsung einer alternativen risikolosen Kapitalanlage gleichzusetzen ist, des Weiteren aus einem Immobilitätszuschlag, einem Abzug für Inflationsschutz und einem Risikozuschlag. Die Prozentwerte werden aufsummiert und ergeben dann den Kapitalisierungszins. Je höher dieser Zinssatz ist, desto niedriger wird der Wert des Unternehmens ausgewiesen und andersherum.

Die Berechnung:

Beeinflusst wird das Ergebnis der Unternehmensbewertung also von dem nachhaltigen Ertrag, dem Unternehmerlohn und dem Kapitalisierungszinssatz.

An welchen Schrauben können Sie drehen?

Einfluss haben Sie als Unternehmer auf den nachhaltig erzielbaren Ertrag.

Hierzu zwei Beispiele von Optimierungsmöglichkeiten. Die betrachtete Apotheke erzielt 2,5 Millionen Euro Umsatz und hat einen Wareneinsatz von 75 Prozent. Diese Beispiele sollen Ihnen nur eine ungefähre Einschätzung der Möglichkeiten geben. Aufgrund der Komplexität des Verfahrens haben wir von einer Detaildarstellung abgesehen:

  • Ertragsverbesserung durch Verbesserung der Einkaufskonditionen um 0,5 Prozent: Steigerung des Unternehmenswertes um 50.000 Euro
  • Ertragsverbesserung durch Erhöhung des Barverkaufs pro Kunde um 1 Euro: Steigerung des Unternehmenswertes um 90.000 Euro

Es ist immer besser, vorhandene Optimierungspotentiale selbst zu erschließen und umzusetzen, als bei einem Verkaufsgespräch zu erläutern, dass die Apotheke Potentiale hat. Das wird im Allgemeinen immer behauptet und zeigt daher beim Kaufinteressenten nur bedingt Wirkung. Auch wenn Sie aktuell noch keinen Verkauf planen, ist eine Optimierung der Strukturen in Ihrer Apotheke sinnvoll, um zukunftsfähig zu bleiben und Ihr Einkommen zu erhöhen.

Abschließend noch der Hinweis, dass der ermittelte Ertragswert zwar eine aussagekräftige Grundlage für Vertragsverhandlungen beim Unternehmenskauf beziehungsweise beim Verkauf darstellt. Er ist aber dennoch nur als Orientierungswert zu verstehen. Käufer und Verkäufer müssen ihre individuelle Wertunter- und Wertobergrenze setzen und dann versuchen, einen Preis zu finden, der für beide Parteien tragbar ist.

 

Gerne unterstützen wir Sie bei der Optimierung Ihrer Kostenstrukturen, der Apothekenbewertung und auch dem Verkauf oder Kauf einer Apotheke mit unserem Fachwissen.